Gustav Bergmann, geboren am 2. Dezember 1906 in Duisburg, war am Ende des Zweiten Weltkriegs Offizier in einer Flak-Abteilung der deutschen Luftwaffe. Am 28. März 1945 wurde er in einem Gefecht mit amerikanischen Truppen bei Stephanshausen im Rheingau von einer Panzerfaust getroffen und tödlich verwundet. Kameraden luden den Sterbenden auf einen Lastwagen, mit dem sie sich über Forstwege durch den Rheingauer Hinterlandswald in Richtung Wiesbaden absetzten.
Bereits nach wenigen Kilometern stellten sie fest, dass Gustav Bergmann verstorben war, und benachrichtigten die Totengräber im nahegelegenen Hausen vor der Höhe, um ihn dort bestatten zu lassen. Da sie jedoch erneut amerikanische Soldaten in der Nähe bemerkten, setzten sie stattdessen ihre Fahrt mit dem Toten fort. Weiterhin auf Forstwegen gelangten sie schließlich am 30. März, dem Karfreitag des Jahres 1945, in die Wälder auf dem Stadtgebiet von Wiesbaden, das bereits zwei Tage zuvor von der US-Armee besetzt worden war. Am Schützenhaus im Goldsteintal ließen sie den Lastwagen stehen und flohen zu Fuß weiter. Kurz darauf wurden sie von den Amerikanern gefangen genommen.
Als der Wirt des benachbarten Ausflugslokals „Hubertushütte“ den verlassenen Wagen untersuchte, entdeckte er auf der Ladefläche zwischen Munitionskisten den Toten mit seiner großen Wunde. Gustav Bergmann trug weder eine Erkennungsmarke noch hatte er Personalpapiere bei sich. Die Rangabzeichen seiner Uniform wiesen ihn jedoch als Leutnant aus. Der Wirt der „Hubertushütte“ begrub den für ihn Unbekannten am Samstag vor Ostern 1945 neben der Straße am Schützenhaus und kennzeichnete das Grab mit einem Schild.
Schon in der folgenden Woche wurde Gustav Bergmann aus seinem provisorischen Grab im Goldsteintal ausgebettet und im damals neuen Kriegsgräberfeld im Abteil B 1 des Südfriedhofs wieder beigesetzt, der Grabkennzeichnung durch den Wirt der „Hubertushütte“ entsprechend auch hier als „unbekannter Leutnant“.
Gustav Bergmanns Witwe, die sich bemühte, das Grab ihres Mannes zu finden, und nicht zu Unrecht davon ausging, dass er in der Nähe seines letzten Einsatzortes bestattet war, stand bereits 1948 in Kontakt mit dem Landratsamt des Rheingaukreises in Bad Schwalbach und dem Garten- und Friedhofsamt in Wiesbaden. Ihre Anfragen wurden jedoch mit Fehlanzeigen beantwortet. Dass es sich bei dem „unbekannten Leutnant“ im Grab auf dem Wiesbadener Südfriedhof um Gustav Bergmann handelte, war zu dieser Zeit noch niemandem bekannt.
Die Nachforschungen wurden jedoch fortgesetzt und führten in den nächsten Jahren dazu, dass immer mehr Personen, die an den Ereignissen im März 1945 beteiligt gewesen waren, ausfindig gemacht und befragt werden konnten. Als hilfreich erwiesen sich insbesondere die Aussagen des inzwischen in der DDR lebenden früheren Unteroffiziers, der den Lastwagen von Stephanshausen bis nach Wiesbaden gefahren hatte, und des Wirts der „Hubertushütte“. Ende 1958 hielt es das Wiesbadener Garten- und Friedhofsamt für nahezu ausgeschlossen, dass der „unbekannte Leutnant“ jemand anderes als Gustav Bergmann gewesen war, empfahl den Angehörigen jedoch, um letzte Sicherheit zu gewinnen, den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge für eine Graböffnung hinzuzuziehen. Diese wurde im März 1959 von einem Umbetter des Volksbunds ausgeführt. Anhand von Uniformresten, Spuren der Verwundung am Skelett und einem charakteristischen Merkmal im Gebiss konnte der Tote nunmehr zweifelsfrei als Gustav Bergmann identifiziert und die Kennzeichnung des Grabes mit seinem Namen vorgenommen werden.
Quellen
- Aktenbestand der Landesgeschäftsstelle des Volksbunds Deutsche Kriegsgräberfürsorge in Hessen
- Bestände des Stadtarchivs Wiesbaden (StadtA WI Best. Wi/3, Nr. 8008)